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Thailand: Menschen und Kultur

Die Geschichte, wie Ihre Majestät die verarmte Landbevölkerung führt und die traditionelle Landwirtschaft fördert, reicht bis zum Beginn ihrer Regentschaft zurück. Sie unterstreichtdas Konzept der Monarchie, wie es von Seiner Majestät König Bhumibol Adulyadej und Königin Sirikit praktiziert wird.

1955, nur ein paar Jahre nach der Thronbesteigung, machte Seine Majestät der König in Begleitung der Königin eine 22-tägige Reise durch Nordost-Thailand, dem am meisten vernachlässigten und ärmsten Teil des Landes. Die Menschen, die in ihrem Leben noch nie einen thailändischen Monarchen gesehen hatten, strömten zusammen, um Ihren Hoheiten Respekt zu zollen.

Diese Pionierleistung diente schließlich als Muster für die gesamte Regentschaft des Königs. Er verbringt sieben bis acht Monate im Jahr außerhalb von Bangkok, um alle Teile seines Landes zu bereisen. Diese Reisen durch die Provinz – üblicherweise in Begleitung der Königin – sind keine PR-Gags, sondern dienen sehr wichtigen und praktischen Zielen. Als Mensch, der viel erreicht hat, mischt sich König Bhumibol persönlich ein und initiiert und fördert Entwicklungsprojekte – insbesondere solche, die mit Landwirtschaft zu tun haben und dazu bestimmt sind, Armut zu bekämpfen und nationales Wachstum zu fördern.

Er wird dabei in bewundernswerter Weise von Königin Sirikit unterstützt, die in 1979 in einem Interview sagte: „Wenn man die Armut nicht abschaffen kann, kann man keinen Frieden im Lande erreichen oder seiner Regierung helfen.“

Mit seinem immensen Interesse an Wissenschaft und Technik konzentriert sich König Bhumibol auf große Entwicklungsprojekte – von Bewässerungsmethoden bis hin zu Alternativ-Anbau-Programmen. Als geradezu perfekte Ergänzung dazu hat Königin Sirikit sich der Familien, und insbesondere der Rolle der Frau, in den ländlichen Gebieten angenommen. Thailändische Frauen waren schon immer in allen Arten des Handwerks begabt; das Weben der Stoffe für den Familiengebrauch ist da nur das offensichtlichste Beispiel. Die Einheit der Familie und das Erzeugen von Handwerksprodukten gingen in der Geschichte Hand in Hand, und das Genie der Königin Sirikit hat erkannt, dass was sich in der Vergangenheit bewährt hat, auch in der Gegenwart nützlich sein wird. Während sich Ihre Majestät für mannigfaltige Projekte und Entwicklungsinitiativen engagiert, ist es wohl die Förderung der traditionellen Handwerkskünste, für die sie sich am meisten einsetzt. Durch die Ermutigung von Königin Sirikit und ihrer Unterstützung kann sich die arme Landbevölkerung neue Nebenerwerbsmöglichkeiten aufbauen. Gleichzeitig werden dadurch altes Wissen und Fähigkeiten weiter gereicht und vor dem Aussterben gerettet.

Königin Sirikit fing in den frühen 1970ern an, sich für die alten Handwerkskünste einzusetzen. Eine katastrophale Flut brach damals über die nordöstlichen Regionen Thailands herein, zerstörte die Ernten und verursachte weitverbreitete Not und Elend. Ihre Majestäten reisten sofort in die betroffenen Landstriche und stellten Nahrungsmittel und andere lebensnotwendige Güter zur Verfügung, um die unmittelbare Not der Menschen zu lindern. Die Tragödie sollte aber unauslöschlich in Königin Sirikits Erinnerung verbleiben.

Um dem längerfristigen Nutzen der armen Landbevölkerung dienlich zu sein, veranlasste Ihre Majestät ein Team, in den Nordosten zu reisen und den Menschen nahezulegen, mehr von ihrem typischen und schönen Madmi Tai (gefärbte Seide) zu fertigen. Die Idee dahinter war, den Menschen eine neue Nebenerwerbsquelle für ihre bäuerlichen Gemeinden zu schaffen. Dies war der Beginn von dem, was heute weithin bekannt ist als das SUPPORT Projekt.

SUPPORT – kurz für: Stiftung zur Förderung von ergänzenden Tätigkeiten und dazugehörigen Techniken – wurde im Juli 1976 persönlich von der Königin gegründet. „Sie wurde mit dem Hintergedanken gegründet, armen Familien auf dem Land eine Nebenerwerbsmöglichkeit zu schaffen, sodass sie Ihr Einkommen aufbessern können und nicht durch übermäßige Schuldenlast von ihrem Land vertrieben werden,“ sagte ein königlicher Beamter. „Ihre Majestät befürchtete, dass die Landbevölkerung ihr Land ausschliesslich an Industriebetriebe verlieren würde. Sie wollte, dass die Bauern weiterhin Reis anbauen können, um sich selbst und das ganze Land damit zu ernähren und den Überschuss ins Ausland exportieren können.“

Ein anderes wichtiges Ziel von SUPPORT ist die Bewahrung traditioneller Handwerkstechniken vor dem Vergessen. Neben der berühmten Mudmee Seide zählen dazu die Prae-Wo-bestickte Seide, erlesene Yan Lipao Korbflechtereien, Nielloarbeiten und die komplizierte gold- und silber-dekorierte Verkleidung genannt Khram. Insgesamt wurden 26 solcher Handwerkstechniken ausgemacht. Alle sind mit immensem Zeitaufwand, Geduld und Geschick verbunden und wurden zur Zeit der SUPPORT-Gründung nur noch von wenigen praktiziert. Die Herstellung von Khram-Verkleidung beispielsweise wurde damals nur noch von einem einzigen Lehrer unterrichtet.

Mit dem Ziel, die ländlichen traditionellen Handwerkskünste zu erhalten, richtete Ihre Majestät zunächst ein SUPPORT Ausbildungszentrum im Chitralada Palast in Bangkok ein. Sie sprach mit armen Familien und wählte Auszubildende aus. Diese erhalten eine Vergütung, Kost und Logis, während sie eine Handwerkstechnik ihrer Wahl erlernen. Manche Techniken – wie z.B. Stickerei oder das Basteln künstlicher Blumen – können innerhalb von zwei bis drei Monaten erlernt werden; die Aneignung anderer Techniken wie die Herstellung von Nielloarbeiten braucht bis zu drei Jahren. Nach Beendigung der Ausbildung werden die besten Absolventen gebeten, ihrerseits Lehrer zu werden, um so zu gewährleisten, dass die Techniken an die nächste Generation weitergegeben werden.

Das SUPPORT Programm war so erfolgreich, dass heute Ausbildungszentren im ganzen Land bestehen. Das größte ist im Chitralada Palast mit ca. 500 Schülern. Insgesamt haben mehr als 50.000 ansonsten ungebildete Landarbeiter und Angehörige von Bergstämmen eine Ausbildung bei SUPPORT durchlaufen.

Als wohldurchdachtes Programm wird die handwerkliche Ausbildung bei SUPPORT durch Lehrgänge in Marketing ergänzt. Fertige Produkte werden zu fairen Preisen angekauft und über die Stiftungseigenen Chitralada-Shops und andere NGOs vermarktet. In den Worten Ihrer Majestät: „Bevor wir die Dörfler dazu bringen, etwas herzustellen, müssen wir sichergehen, dass die Produkte auch vermarktet werden können. Wohltätigkeitsveranstaltungen bringen keine echte Unterstützung. Wir müssen die Menschen dahin bringen, dass sie auf ihren eigenen Beinen stehen können.“

Ein Kommentator hat einmal bemerkt, dass Ihre Majestät „eine sehr aktive Präsidentin ist und nicht nur als Symbolfigur für die Stiftung steht. Sie inspiziert aufmerksam jedes einzelne Stück und kritisiert es auch, wenn es nicht den hohen Standards entspricht. Sie betont stets, dass Qualität wichtiger ist als Quantität.“

Dies ist der wahre Grund für den enormen Erfolg von SUPPORT. Die Arbeit der Stiftung ist sehr auf die Praxis angelegt. Die Dorfbevölkerung stellt die traditionellen Handwerksprodukte nicht um ihrer selbst Willen her, sondern weil Königin Sirikit ihnen gezeigt hat, dass sie immer noch wirklichen Marktwert haben.

Königin Sirikit ist sogar SUPPORTs beste Kundin, nutzt sie doch die Handwerksprodukte als Geschenke für Staatsoberhäupter. Ausserdem hat die Königin bewiesen, dass die traditionellen Handwerkstechniken auch heute noch eine Rolle spielen können. Besonders gute Werbung für Mudmee-Seide wurde von Ihrer Majestät generiert, als sie ein Kostüm aus diesem Material in Auftrag gegeben hat, das von Erik Mortenson vom Haus Balmain entworfen wurde.

Dadurch dass Ihre Majestät Werbung für die Hendwerksprodukte macht, spielt sie eine sehr wichtige Rolle für die Stiftung. Sie war beim Design für die Nationalkostüme der thailändischen Frauen beratend tätig und verwendet Mudmee-Seide für ihre eigenen Kleider,dazu andere traditionelle Materialien, wie Stickereien der Bergstämme, Chok gewobene Seide und gewobenen Brokat.

Auch traditionelle Accessoires hat die Königin beworben und wiederbelebt. Am besten zeigt dies das Yan Lipao Kletterplanzen-Weben aus Südthailand. Viele verschiedene stabile Haushaltsutensilien – Schüsseln, Schalen, Betelnussschachteln, Teedosen und mehr– können aus diesem braunen und schwarzen Rebpflanzenmaterial gewoben werden; aber heutzutage ist diese Technik hauptsächlich bekannt für die exquisiten und auffällig ungewöhnlichen Handtäschchen.

Königin Sirikit wurde erstmals aufmerksam auf die Yan Lipao Technik, als sie eine Ausstellung von kompliziert gewobenen Stücken, die von Behinderten produziert wurden, besichtigte. Sie war so beeindruckt von dem was sie sah, dass sie sofort ein Yan Lipao Unterrichtsprojekt startete. Seitdem sind die Yan Lipao Handtäschchen immer beliebter geworden, besonders weil Ihre Majestät am besten zeigt, was sie für ein attraktives Accessoire sind, vor allem, wenn man sie zu traditionell hergestellten Kostümen trägt.

Die Ergebnisse des Einsatzes von Königin Sirikit und der SUPPORT Stiftung sind nicht nur in der Wiederbelebung der alten Techniken und der Einführung neuer Moden zu sehen. Die arme Landbevölkerung kann nun auf ihre wiedererlangten Kenntnisse zurückgreifen und durch den Verkauf von selbst hergestellten Gütern ihr Einkommen zum Teil verdoppeln. So sind sie nicht mehr zu hundert Prozent abhängig von der Landwirtschaft und somit von den Launen der Natur.

Und die Arbeit geht weiter und sucht sich immer neue Wege zu expandieren. Das Bemühen um die Erhaltung der thailändischen Handwerkskünste ist immer noch die Grundlage der Stiftungsarbeit; aber heute versucht SUPPORT, sich um weitere Aspekte des ländlichen Lebens zu kümmern – von medizinischer Versorgung über das Verwalten von Ackerland bis
hin zum sorgsameren Umgang mit natürlichen Ressourcen.

Als Anerkennung für ihre Arbeit wurde Königin Sirikit mit vielen internationalen Auszeichnungen bedacht. Die Verleihung der Ceres Goldmedaille durch die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen 1979 war vielleicht die höchste und passendste von allen. Die Königin, so heißt es in der Begründung, hat den ländlichen Gemeinden geholfen „sich gut um ihre Haushalte zu kümmern und von den Früchten ihrer eigenen Arbeit zu profitieren.“

Man mag hinzufügen, daß Ihre Majestät durch ihre Hilfe für die arme Landbevölkerung unzähligen Menschen Freude gebracht hat, weil sie die große Vielfalt und die beständige Schönheit von Thailands Handwerkskünsten wieder entdeckt haben.